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Radissimo meldet Insolvenz an

Ein Interview mit Geschäftsführerin und Inhaberin Kristine Simonis des Radreiseexperten, das zuerst auf www.radissimo.de veröffentlicht wurde

Kristine Simonis ist die Geschäftsführerin und Inhaberin von Radissimo Radreisen – einer der ersten Tourismus-Unternehmen, das im Zuge der Corona-Krise Insolvenz anmelden musste. Auf www.radissimo.de hat Simonis folgendes Gespräch veröffentlicht.


FRAGE: Frau Simonis, wie geht es Ihnen?

ANTWORT: Es ist eine herausfordernde Zeit für uns alle. Täglich ändern sich die Rahmenbedingungen. Glücklicherweise geht es meinen MitarbeiterInnen und mir sowie unseren Familien gesundheitlich gut. Gott sei Dank gibt es bisher bei uns keine Krankheitsfälle. Alle verhalten sich vorbildlich.

FRAGE: Am Wochenende erschien die Meldung in allen Medien – Radissimo muss als einer der ersten Reiseunternehmen Insolvenz anmelden, da zwei Wochen keine Buchungen eingegangen sind. Das ging schnell!

ANTWORT: Das ist sehr verkürzt wiedergegeben. Wir hatten schon ein relativ schwaches Frühjahr – der Corona-Virus hat die Situation dann extrem verschärft. Die Neubuchungen sind komplett zum Erliegen gekommen. Bestehende Reisen für mindestens zwei Monate mussten abgesagt und Zahlungen unserer Gäste erstattet werden. Und es ist nicht absehbar, wie lange die Maßnahmen die Reisefreiheit in Deutschland und Europa weiterhin einschränken. Dies bedeutet für mich schnelles Handeln, denn ich bin Unternehmerin und keine Unterlasserin. Seit 15 Jahren übernehme ich diese Verantwortung. So auch in diesen Tagen.

FRAGE: Konnten die vielen angekündigten Hilfspakete der Regierung nicht helfen?

ANTWORT: Seien Sie versichert, dass wir alle Möglichkeiten geprüft haben – privat wie auch staatlich. Allerdings greifen die bisher angekündigten Maßnahmen der Politik zu kurz. Statt umständlicher Kreditanträge braucht es in so einer nie für möglich gehaltenen Situation direkte, unbürokratische Zuschüsse. Das gilt nicht nur für die Touristik, sondern für alle kleinen Betriebe und Branchen, deren Existenz durch Corona auf dem Spiel steht.
Für mich als Inhaberin hieß das zum Wohle unserer Kunden rechtzeitig die Reißleine ziehen. Einfach wie gewohnt weitermachen und auf staatliche Hilfe hoffen wäre nicht seriös gewesen. Als kleines Unternehmen in einer Branche mit geringen Margen reicht unsere Liquidität nicht unbegrenzt. Uns ist wichtig, dass alle unsere Kunden ihr Geld zurückerhalten.

FRAGE: Wie fühlen Sie sich?

ANTWORT: Sehr traurig. Vor allem weil Insolvenz oft mit fehlerhaftem Verhalten gleichgesetzt wird. Dabei habe ich über 15 Jahre mit Herzblut und Leidenschaft Radissimo aufgebaut. Ich habe gezeigt, dass ich als Mutter von zwei Töchtern ein Unternehmen erfolgreich führen kann und ein großartiges Team an meiner Seite habe. Ich liebe nachhaltige Reisen, Fahrradfahren und Bewegung. Nicht umsonst hat Radissimo das Motto „bewegt reisen“. Ich bin als Unternehmerin flexibel und reagiere ständig auf neue Situationen. Aber dass ein unsichtbarer Virus unser Leben lahmlegt und mich zu einem solchen schweren Schritt bewegt, hätte ich noch vor wenigen Wochen für unmöglich gehalten.

FRAGE: Wie geht es nun für Sie weiter?

ANTWORT: Jede Krise ist auch eine Chance. Eine Insolvenz muss nicht das Ende bedeuten. Zunächst kümmern wir uns um unsere Gäste und das ganze Team ist wie gewohnt für unsere Reisenden da. Zusammen mit dem Insolvenzverwalter wird nun alles analysiert. Ich wünsche mir eine Lösung, um das Unternehmen fortzuführen. Ich bin davon überzeugt, dass das Produkt Radreise – klimafreundlich, entschleunigt, naturnah – nach der Krise noch mehr gefragt ist als je zuvor. Unser Know-How und unsere Erfahrung sind ja nicht verloren. Und wir haben das Glück über viele gute Partner und Stammkunden (herzlichen Dank an dieser Stelle) zu verfügen, die uns hoffentlich auch in Zukunft die Treue halten würden.

FRAGE: Und privat?

ANTWORT: Wie alle unsere Mitmenschen müssen wir uns in den nächsten Wochen und Monaten etwas einschränken und an die Regeln halten. Der Osterurlaub ist gestrichen, mit meinem Mann wechsle ich mich in der täglichen Betreuung der Kinder ab – die Schließung von Kindergärten und Schulen und die Corona-Verordnungen stellen einen ja auch familiär vor Herausforderungen. Da wir uns weigern zu hamstern gab es schon erste Engpässe: die Kinder müssen plötzlich Dinge essen, die sonst nicht zu ihren Favoriten gehören: Brokkoli, Spinat. Es gibt also auch Positives …